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T-Mobile und das iPhone – Social-Media-Möglichkeiten

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Dies ist der zweite Teil zu T-Mobile und das iPhone.

Nachtrag zum ersten Artikel

Als Nachtrag auf den ersten Artikel will ich noch mal betonen, dass ich nicht denke, dass T-Mobile ein besonders schlechtes Beispiel ist. Ich gehe davon aus, dass keiner der anderen Mobilfunkanbieter es wesentlich besser gemacht hätte. Allerdings ruft auch keine der anderen Mobilfunkmarken so viel negative Stimmung bei Leuten hervor, so dass T-Mobile wohl am meisten Handlungsbedarf hat, um die Wahrnehmung ihrer Marke massiv zu verbessern.

Ich denke, dass Apple T-Mobile sehr bewusst ausgewählt hat, weil sie in Deutschland das beste EDGE-Netzwerk haben und dieser Faktor für Apple sehr wichtig zu sein scheint. Außerdem ist die Wahrnehmung von T-Mobile in anderen Märkten häufig eine ganz andere. Eine Kollegin hat mir aus den USA berichtet, wo T-Mobile die jungen Wilden sind und AT&T der alte, „böse“ Monopolist. Die Frage bleibt, was T-Mobile machen kann, um die Wahrnehmung in Deutschland zu verändern.

Einleitung

Wie bereits im ersten Artikel erwähnt, geht es mir bei dieser Beschäftigung gar nicht darum, T-Mobile herunterzumachen. Mein Fokus soll viel mehr auf den Möglichkeiten liegen, die der richtige Umgang mit Social Media (alles, was im Web Konversation ermöglicht und fördert) bietet. Und diese Ideen sind nicht T-Mobile-spezifisch. Sie sind genauso von anderen Unternehmen anwendbar.

Auch werden meine Gedanken für viele sehr idealistisch und dadurch unrealistisch klingen. Dessen bin ich mir bewusst. Mir geht es hier um eine Vision und ein grundlegendes Umdenken. Nur wer bereit ist, sich auf eine Vision einzulassen, wird den langen Atem haben, um unrealistische Vorstellungen in realistische Möglichkeiten umzuwandeln.

Das Problem

Das größte Problem für T-Mobile bei der Einführung des iPhones ist, dass sie nicht Teil der Konversation sind, die im Web läuft. In Blogs und Foren wurden die Tarife und Angebote mit teilweise über tausend Beiträgen pro Thema diskutiert und nirgendwo war die Stimme von T-Mobile zu hören. Überall liest man Kommentare, die Unverständnis für das Verhalten zum Ausdruck bringen. Man versteht einfach nicht, wieso T-Mobile Dinge so tut, wie sie sie tun.

T-Mobile dagegen kommuniziert nur per totem Marketing-Material, Pressemeldungen und vereinzelt Zitaten in großen Massenmedien. Das ist ungefähr so als würden in einem Konferenzzentrum in vielen kleinen Seminarräumen überall Diskussionen über T-Mobile geführt werden, während T-Mobile draußen vor der Tür mit einem Megafon Texte von einem Teleprompter abliest.

Zuhören

Der erste Schritt, um Teil der Konversation zu werden, ist Zuhören. Um mitreden zu können muss eine Marke zunächst genau wissen, was und wie über sie gesprochen wird.

Wer sich auf einer Party zu einer Gruppe stellt und sofort in die Diskussion einsteigt, ohne zuerst zu hören, worum es geht und wie miteinander gesprochen wird, macht sich extrem unbeliebt. Nicht anders ist es im Web.

Deswegen sollte jedes Unternehmen da draußen ein ausführliches Buzzmonitoring (Monitoring von Foren, Blogs und allem anderen, was sich Social Software nennt) laufen haben. Dadurch ist man jederzeit auf dem Laufenden, worüber die Kunden sprechen und kann Krisen frühzeitig erkennen. Daneben bekommt man jede Menge realer Insights aus der Zielgruppe, die die künstlich produzierten Ergebnisse von Fokusgruppen u.ä. weit hinter sich lassen.

Für viele wird es zu beginn reichen, erstmal nur zu zuhören. Aber spätestens wenn die Situation eskaliert wie bei T-Mobile und dem iPhone wird es Zeit, in die Diskussion einzusteigen.

T-Mobile muss menschlicher werden

T-Mobile wird von seinen Kunden nur als große, graue und abstrakte Masse wahrgenommen. Und dagegen lässt sich leicht schimpfen. Sobald aus dieser Masse aber einzelne, echte Menschen heraustreten und sich als Individuen bemerkbar machen, ändert sich in der Regel sofort die Tonlage in einer Diskussion.

Auch hier passt das Beispiel einer Partydiskussion. Man steht in der Gruppe zusammen und flucht gemeinsam über die Bahn. Dann stellt sich eine neue Person zur Gruppe und stellt sich vor.

„Und was machen Sie?“

„Ich bin Zugbegleiter bei der Deutschen Bahn.“

Und schlagartig ändert sich die Atmosphäre. Abstrakte Beschimpfungen verschwinden. Stattdessen werden ehrliche Fragen zu Hintergründen von Verspätungen u.ä. gestellt. Das interessante ist, dass die meisten Teilnehmer aus dieser Diskussionsrunde nicht nur mit einem besseren Verständnis für die Bahn gehen sondern auch einen stärkeren Bezug zur Marke haben.

Der gleiche Effekt lässt sich auch so im Web beobachten. Sobald ein Vertreter des Unternehmens in einer Diskussion um das Unternehmen oder eines der Produkte auftaucht, ändert sich die Atmosphäre. Mich fasziniert dieser Effekt ungemein, denn es scheint tatsächlich so zu sein, dass sich eine negative Emotion leichter in eine positive umwandeln lässt als eine neutrale in eine positive. In einer Zeit, wo das Wort Service mit stundenlangem Warten an Hotlines und unmotivierten, unfähigen Call-Center-Bediensteten gleichgesetzt wird, reicht schon die authentische Aussage eines Mitarbeiters, sich persönlich und unbürokratisch um das Problem zu kümmern, um Begeisterung hervorzurufen, noch bevor das eigentliche Problem gelöst wurde. Da Unternehmen diese Möglichkeit noch kaum wahrnehmen, gibt es hier derzeit große Chancen, sich mit relativ einfachen Mitteln von der Konkurrenz abzusetzen.

Der gerade beschriebene Effekt tritt natürlich nicht ein, wenn der Mitarbeiter auftritt wie ein Unternehmen, d.h. wenn er klingt wie eine PR-Abteilung mit verwässerter, unnatürlicher Sprache und ohne wirklichem Interesse für die Belange des Einzelnen. Deswegen sind die entscheidenden Faktoren beim Mitreden Authentizität und Augenhöhe.

Stolpersteine beim Mitreden

Gerade im Marketing herrscht häufig noch der Glaube, dass man „den Konsument“ durchschaut hat und ihn mit den eigenen Maßnahmen beliebig steuern, manipulieren und beeinflussen kann. Dadurch ist eine Haltung entstanden, bei der man sich „über“ den Konsumenten stellt, auf ihn herab blickt und ihn vor allem nicht mehr ernst nimmt.

Die Konsumenten auf der anderen Seite haben sich emanzipiert und vernetzt und haben ein ungemeines Feingefühl dafür entwickelt, wie ein Unternehmen über sie denkt. Und sie reagieren allergisch, wenn sie sich nicht ernst genommen fühlen.

Deswegen gehen die ersten Versuche von Unternehmen, in die Diskussionen im Web einzusteigen, häufig nach hinten los. Das ist normal. Man muss erst wieder lernen, eine „lebende“ Sprache zu sprechen und mit den Kunden aus nächster Nähe zu kommunizieren. Entscheidend ist hier der lange Atem, sowie die Bereitschaft Fehler zu machen, sie zu zugeben und aus ihnen zu lernen.

Die Kunden einbeziehen

Wenn T-Mobile sich in die Diskussionen im Web eingeschaltet hätte, hätten wir vielleicht alle etwas mehr verstanden, wieso sie die Tarife und Angebote zum iPhone so gestaltet haben, wie sie nun sind. Aber besser wären sie dadurch noch nicht geworden. Um das zu erreichen hätte sich T-Mobile an den heiligen Gral des Umgangs mit Social Media heranwagen müssen, des Einbeziehens von Kunden in die internen Prozesse bei T-Mobile. Ich will hier nur mal beispielsweise skizieren, wie das hätte aussehen können.

Als klar war, dass T-Mobile den Zuschlag für das iPhone in Deutschland bekommen hat, hätte man vier bis sieben Top-Blogger aus der deutschen iPhone- und Mac-Blogosphäre zu einer Session nach Bonn eingeladen. Dort hätte man zunächst selbst ehrlich und selbstbewusst erklärt, was die interne Rahmenbedienungen sind und welche Ziele man erreichen möchte. Dann hätte man die Blogger ihre Sicht mit ihren Wünschen und Erwartungen erzählen lassen. Der Hauptteil der Session wäre dann ein gemeinsames Brainstorming gewesen, in dem man zusammen eine Konzept entwickelt hätte, dass die Ziele von T-Mobile mit den Wünschen der Kunden zusammenbringt. Das hätte die größte Chance auf einen fairen Kompromiss ermöglicht, der zum einen für beide Parteien akzeptable gewesen wäre und zum anderen wahrscheinlich einige kreative Wege aufgezeigt hätte, auf die T-Mobile allein nicht gekommen wäre.

Entscheidend für diese Kollaboration wäre, dass T-Mobile sie nicht als PR-Masche missbraucht. Deshalb wären zum einen keinen PR-Leute bei dem Treffen dabei und zum anderen würde T-Mobile auch nicht über das Treffen reden. Denn sobald die Blogger das Gefühl bekommen, dass sie mit der Aktion nur vor einen PR-Zug gespannt werden sollen, geht das ganze nach hinten los und wird in den Blogs auseinander genommen. Die Blogger sollten aber über das Treffen bloggen dürfen, weil Geheimhaltunsgversuche sowieso praktisch nie funktionieren und zum anderen die Hypemaschine am besten in der Blogosphäre startet, um schnell auf Touren zu kommen. Man stelle sich nur vor, die deutschen iPhone-Blogs schreiben „Wir haben mit T-Mobile zusammen ein tolles Tarifangebot fürs iPhone entwickelt. Ihr werdet eure wahre Freude daran haben. So etwas hat der deutsche Mobilfunkmarkt noch nicht gesehen.“ Hat jemand Word-of-Mouth gesagt…

Die Zukunft – Veränderte Unternehmen

Soweit mal meine Ausführungen, wie T-Mobile die Einführung des iPhones auch hätte gestalten können. Es wird noch lange dauern, bis ein großer Konzern in Deutschland sich auf so ein Verhalten einlassen wird, denn die Veränderungen, die das Involvement in Social Media mit sich bringen, gehen viel tiefer als man in den Konzernen gerne meint. Social Media ist nicht einfach nur ein weiterer Marketing-Kanal. Wer den ernsthaften Austausch mit seinen Kunden sucht, wird merken, wie das auf alle Bereiche des Unternehmens Auswirkungen hat. Vom Service bis zur Entwicklung. Wer bereit ist den Weg zu gehen, wird mit einem neuen Level von Kundennähe und -begeisterung belohnt.


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